Salzburgs FPÖ-Chefin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek bezeichnet sich als "Verfechterin einer freiheitlich-bürgerlich-konservativen Koalition".
Florian Voggeneder

Marlene Svazeks größter politischer Stolz ist ein geschossener Wolf. Und zwar jener Wolf, der im Vorjahr als Erster der neuen Abschuss-Verordnung in Salzburg zum Opfer gefallen ist. Die Verordnung hatte die schwarz-blaue Landesregierung gleich nach Amtsantritt verhängt. Der Wolf soll 30 Schafe und Lämmer gerissen haben. Die Salzburger FPÖ-Chefin und Landeshauptmann-Stellvertreterin hat ihm nach dessen Abschuss ein Denkmal gesetzt: Ein Bild von ihm hängt in ihrem Büro hinter dem Schreibtisch.

Direkt hinter dem Schreibtisch der Landeshauptmann-Stellvertreterin hängt ein Bild jenes Wolfes, der als Erster der Abschuss-Verordnung der schwarz-blauen Landesregierung zum Opfer gefallen ist.
Direkt hinter dem Schreibtisch der Landeshauptmann-Stellvertreterin hängt ein Bild jenes Wolfes, der als Erster der Abschuss-Verordnung der schwarz-blauen Landesregierung zum Opfer gefallen ist.
Florian Voggeneder

STANDARD: Als Sie vor acht Jahren die FPÖ-Landespartei übernommen haben, wurden Sie als "politisches Leichtgewicht", "hübsches Gesicht der Partei" und "Marionette" bezeichnet. Denken Sie, wäre es Ihnen auch als Mann so ergangen?

Svazek: Ich glaube, es war die Kombination aus dem Alter und dass eine Frau in einer Partei, in der Frauen seltener in Führungspositionen anzutreffen sind, diese Funktion übernimmt. Wobei die Zuschreibungen mehr von linker Seite gekommen sind. In der eigenen Partei habe ich die nicht so wahrgenommen.

STANDARD: "Mich beeindruckt, wie sie als Frau den vielen Angriffen standhält und ihren Mann steht", sagten Sie über die rechtsradikale französische Politikerin Marine Le Pen. Wann mussten Sie intern schon einmal ihren Mann stehen?

Svazek: (lacht) Regelmäßig. In einer Partei ist es ganz normal, dass man permanent mit Konfliktsituationen zu tun und in einer Führungsfunktion einfach zu bestehen hat. Das ist etwas, das irrsinnig viel Kraft und Nerven kostet.

STANDARD: Im Parlament hat die FPÖ mit 13,3 Prozent die mit Abstand niedrigste Frauenquote, in den Landtagen sieht es teils noch trister aus. Auch in Salzburg sind von zehn blauen Abgeordneten neun Männer. Was macht die FPÖ für Frauen so unattraktiv?

Svazek: Ich habe nicht das Gefühl, dass es an der FPÖ liegt. Es ist schwierig, gute und kompetente Frauen zu finden, die sich auch für die Politik hergeben möchten. Oft fehlt dazu der Wille.

STANDARD: Die FPÖ muss also nicht mehr tun, um mehr Frauen von sich zu überzeugen?

Svazek: Die Politik wird nicht familien- oder frauenfreundlicher werden. Die Politik ist, wie sie ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Frauen das einfach nicht wollen.

STANDARD: Auch Sie propagieren das traditionelle Frauenbild der FPÖ. Mit einer "Herdprämie" wollen Sie etwa Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden finanziell attraktiver machen. Wäre das Geld nicht sinnvoller in den Ausbau von Betreuungsplätzen investiert?

Svazek: Ich bin nicht verheiratet, kinderlos und das, was man klassische Karrierefrau nennt. Man sollte aber keiner Frau ein gewisses Lebensmodell aufzwingen. Und jenen, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen, will ich das ohne finanziellen und existenziellen Druck ermöglichen. Das eine tun und das andere nicht lassen ist meine Devise.

Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek im Gespräch mit STANDARD-Redakteurin Sandra Schieder.
Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek im Gespräch mit STANDARD-Redakteurin Sandra Schieder.
Florian Voggeneder

STANDARD: Vor der Landtagswahl sprach sich Ihr nunmehriger Koalitionspartner, ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer, gegen eine Koalition mit der FPÖ aus. Wie ist Ihr Verhältnis heute?

Svazek: Im Wahlkampf haben wir uns beide nichts geschenkt. Mittlerweile haben wir eine pragmatische, unaufgeregte und wertschätzende Zusammenarbeit.

STANDARD: Im Bund reitet die ÖVP hingegen harte Attacken gegen die FPÖ. Welchen Einfluss hat das?

Svazek: Relativ wenig, weil wir den Fokus stark auf die Arbeit im Land haben.

STANDARD: Grund für die Angriffe der Volkspartei ist die Russland-Nähe Ihrer Partei.

Svazek: In der Zeit, in der von uns da oder dort Kontakte nach Russland gesucht wurden, war jeder darauf bedacht, ein einigermaßen passables Verhältnis zu Russland zu haben. Vielleicht war die Suche nach diesen Kontakten nicht das Gescheiteste. Das rechtfertigt aber nicht, uns als Putin-Freunde zu bezeichnen.

STANDARD: Die FPÖ wird ja deshalb so bezeichnet, weil sie prorussische Politik betreibt, indem sie etwa gegen die Sanktionen ist. Und weil es Verstrickungen in die Spionageaffäre gibt.

Svazek: Beides ist aber kein Alleinstellungsmerkmal der FPÖ. Vor allem bei den Sanktionen klingen Stimmen aus Wirtschaft und Industrie sehr ähnlich. Mit Sanktionen wird man kein Kriegsende herbeiführen.

"Aus meiner Sicht sollte es Anspruch der FPÖ sein, Regierungsverantwortung zu übernehmen – gerade jetzt, wo wir so stark sind", sagt Svazek.
Florian Voggeneder

STANDARD: Frau Svazek, wären Sie im Vorjahr Beschuldigte in einem Strafverfahren gewesen, wären Sie als Spitzenkandidatin angetreten?

Svazek: Das kommt darauf an, in welcher Thematik und ob ich für mich selber ein reines Gewissen gehabt hätte. Hätte ich ein reines Gewissen gehabt, wäre ich angetreten.

STANDARD: Mario Kunasek macht genau das: Er ist Spitzenkandidat bei der steirischen Landtagswahl und Beschuldigter im Finanzskandal.

Svazek: Ich kenne wenige anständigere und aufrichtigere Menschen als ihn. Und ich vertraue absolut auf sein Wort und dass sich alle Anschuldigungen aufklären werden.

STANDARD: Weder die Russland-Verstrickungen noch der Finanzskandal und wohl auch die Korruptionsermittlungen gegen die ehemalige blaue Ministerriege, zu der auch Parteichef Herbert Kickl zählt, schlagen sich in den Umfragen nieder. Wie erklären Sie sich das?

Svazek: Die Wähler und das Land haben andere Probleme, die gelöst werden müssen. Und das ist aus meiner Sicht auch der Grund, warum das alles wenig Niederschlag findet.

STANDARD: Wäre eine Koalition aus FPÖ und ÖVP eigentlich auch ein Modell für den Bund?

Svazek: Ich bin immer eine Verfechterin einer freiheitlich-bürgerlich-konservativen Koalition gewesen und würde das auch als Modell für den Bund sehen. Wenn ich als Referenzdokument den "Österreich-Plan" der ÖVP nehme, dann werden viele Dinge nur mit der FPÖ umsetzbar sein, weil vieles von uns stammt.

STANDARD: Die ÖVP sagt auch, sie würde mit der FPÖ regieren, aber nur ohne Kickl. Ist es für Sie vorstellbar, ihn für das Kanzleramt zu opfern?

Svazek: Undenkbar. Das ist für uns nicht vorstellbar. Allein deshalb würde ich der ÖVP wirklich den dritten Platz gönnen. Damit sie endlich aus dieser selbstherrlichen Position herauskommt zu glauben, sie kann sich den Koalitionspartner aussuchen.

Ich würde der ÖVP wirklich den dritten Platz gönnen. Damit sie endlich aus dieser selbstherrlichen Position herauskommt zu glauben, sie kann sich den Koalitionspartner aussuchen.

STANDARD: Ist es denkbar, dass Kickl wie einst Jörg Haider einen Schritt zur Seite macht, um einer Regierungsbeteiligung nicht im Weg zu stehen?

Svazek: Wenn jemand erfolgreich eine Nationalratswahl schlägt und die FPÖ auf Platz eins führt, dann ist es selbstverständlich, dass derjenige auch den Kanzleranspruch stellt.

STANDARD: Wie fänden Sie es, wenn die FPÖ trotz Platz eins mangels Partner auf der Oppositionsbank landet?

Svazek: Aus meiner Sicht sollte es Anspruch der FPÖ sein, Regierungsverantwortung zu übernehmen – gerade jetzt, wo wir so stark sind.

STANDARD: Würden Sie für ein Ministeramt nach Wien gehen?

Svazek: Ich habe vor einem Jahr Verantwortung im Land übernommen. Deshalb werde ich jetzt nicht sagen, das war es, ich steige auf die nächsthöhere Ebene. Der Gang nach Wien wäre unanständig.

STANDARD: Und wenn Kickl und die Partei Sie beknien würden?

Svazek: Nicht einmal dann. Mir ist Konsequenz wichtig, und ich bleibe auch bei meinen Entscheidungen.

STANDARD: Das Verhältnis zwischen Ihnen und Kickl soll seit einiger Zeit nicht ganz konfliktfrei sein. Bremst möglicherweise auch das derzeit Ihre bundespolitischen Ambitionen?

Svazek: Unser Verhältnis ist so, wie es von Anfang an war. Es ist eine ganz normale Arbeitsbeziehung und nicht getrübt durch etwaige Diskussionen. Wir haben beide sehr viel zu tun. Wo es notwendig ist, haben wir Kontakt.

STANDARD: Böse Zungen behaupten, dass Kickl Sie als Bedrohung wahrnimmt, weil Sie das Zeug dazu hätten, ins Kanzleramt einzuziehen und auch von der ÖVP akzeptiert würden. Haider hatte ja auch einst Susanne Riess, mit der Sie oft verglichen werden, den Vortritt gelassen.

Svazek: Die Geschichte wird sich definitiv nicht wiederholen. Das kann ich ausschließen.

60 bis 80 Stunden arbeitet Svazek nach eigenen Angaben pro Woche.
Florian Voggeneder

STANDARD: "Svazek verteidigt neue Asylheime mit billigem Geschwätz", "Svazek als Spielball etablierter Medien", "Salzburg-Wahlergebnis als Weckruf für Svazek-FPÖ": In parteinahen Medien kommen Sie alles andere als gut weg. Warum das?

Svazek: Journalismus sollte nie ein Auftragswerk sein. Da unterscheide ich nicht zwischen klassischen und parteinahen Medien.

STANDARD: Wer gibt diese Beiträge in Auftrag?

Svazek: Also ich glaube, der Informationsgehalt in all diesen Artikeln ist überschaubar.

STANDARD: Aber haben Sie eine Erklärung für die Kampagnen dieser Medien gegen Sie?

Svazek: Ich kann mir vieles, was sich aktuell in der Innenpolitik abspielt, tatsächlich nicht mehr erklären.

STANDARD: Sie hatten einst selbst den Plan, Journalistin zu werden, den Sie aber verworfen haben. Könnten Sie sich vorstellen, als Journalistin in einer nach den Vorstellungen der FPÖ umgebauten Medienlandschaft – Stichwort Orbánisierung – zu arbeiten?

Svazek: In der aktuellen Medienlandschaft wäre es mit mir als Journalistin wahrscheinlich nicht lange gut gegangen. Wie es in einer anderen Medienlandschaft ausgesehen hätte, weiß ich nicht aber ich glaube, es wäre für mich immer schwierig gewesen. Weil ich trotz meiner politischen Haltung immer versuche, die Dinge objektiv zu betrachten. Bei mir hätte man zwischen einem Artikel und einem Kampftweet auf X unterscheiden können.

STANDARD: Aber wäre es für Sie erstrebenswert in einer Medienlandschaft wie in Ungarn zu arbeiten?

Svazek: Erstrebenswert wäre ein Journalismus, der das höchste Maß an Objektivität an den Tag legt. Ich habe den Eindruck, die Qualität des Journalismus und der Politik in Österreich bedingen einander. (Sandra Schieder, 4.5.2024)